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Seit Beginn der 1990er Jahre bilden sich in Südmexiko vermehrt soziale und indianische Bewegungen. Sie wenden sich gegen die Diskriminierung der indianischen Bevölkerung, gegen Menschenrechtsverletzungen und arbeiten für eine Verbesserung der Situation der Landbevölkerung.
Zu diesen neu gegründeten Bewegungen gehören die "Organizaciones Indias por los Derechos Humanos en Oaxaca A.C. - OIDHO" (Indianische Organisationen für Menschenrechte in Oaxaca). Die Organisation ist ein unabhängiger Zusammenschluss von IndianerInnnen und BäuerInnen aus verschiedenen Regionen im südwestlichen Bundesstaat Oaxaca, die besonders von Armut, Landflucht, politischen Konflikten und Unrechtsverhältnissen geprägt sind.
Anlass zur Gründung von OIDHO war u.a. das Engagement für die Freilassung von 13 BewohnerInnen des Dorfes Trinidad Yaveo, Choapam. Diese waren 1989 festgenommen worden, weil sie ihr Land gegen Enteignung durch die lokalen Großgrundbesitzer verteidigt hatten. Bei den vorangehenden Auseinandersetzungen wurden 14 Gemeindemitglieder ermordet. Die Gewalttaten, die den lokalen Machtgruppen zugeschrieben werden, wurden aber juristisch nicht aufgeklärt.
Im Jahr 1990 zu Unrecht zu je 25 Jahren Haft verurteilt, wurden die 13 Gefangenen aus Trinidad Yaveo bis Mitte 1993 durch die Bemühungen einer Gruppe von engagierten AnwältInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen freigelassen.
Etwa zur gleichen Zeit besetzten die BewohnerInnen des Dorfes Mazatlan Villa de Flores 1990/91 das Rathaus der Gemeinde, das über 30 Jahre lang von lokalen MachthaberInnen (Kaziken) regiert wurde. Im Februar 1992 demonstrierten die Dörfer Trinidad Yaveo und Mazatlan Villa Flores zusammen mit einem weiteren Dorf zum ersten Mal gemeinsam. Ende desselben Jahres erklärt die Abgeordnetenkammer von Oaxaca die alten lokalen Machthaber offiziell für abgesetzt.
Bei diesen Konflikten wurde bald deutlich, dass auf dem Rechtsweg die grundsätzlichen Probleme der indianischen Dörfer oft nicht gelöst werden können, sondern deren Rechte politisch erkämpft werden müssen. Deshalb wurde am 4. Dezember 1993 die Nicht-Regierungs-Organisation OIDHO formal gegründet. Hauptziel der Bewegung ist "die Selbstverteidigung und die selbstbestimmte Entwicklung der Gemeinden. Sie respektiert deren eigene Organisationsformen und fördert die Einheit zwischen den Gemeinden im Kampf für die "Individual- und Kollektivrechte der indianischen Völker" (Selbstdarstellung OIDHO).
(Aussage eines OIDHO-Mitglieds)
Die Basisgruppen, die sich in OIDHO zusammengeschlossen
haben, sind davon überzeugt, dass die Verteidigung ihrer Rechte und der
Kampf gegen Ungerechtigkeit, Repression und Armut in den indianischen
Dörfern nur gemeinsam gelingen kann. OIDHO betrachtet sich selbst als
politische und soziale Bewegung.
Als Zusammenschluss der Betroffenen selbst unterscheidet
sich OIDHO von vielen Menschenrechtsorganisationen und -büros, die sich
für andere einsetzen. OIDHO arbeitet in verschiedensten Regionen des
Bundesstaates Oaxaca und ist für alle ethnischen Gruppen offen. Zur Zeit
sind in der Organisation u.a. zapotekische, chinantekische und
chatinische Dörfer vertreten.
Der Schwerpunkt der gemeinsamen Arbeit der Basisgruppen in OIDHO liegt auf der politischen Mobilisierung, der Bewusstseinsbildung und Selbstorganisation. Dazu führt OIDHO regelmäßig Workshops zur Fortbildung ihrer Mitglieder durch. Themen dieser Weiterbildungen sind neben den universalen Menschenrechten auch die aktuelle mexikanische Debatte um die Rechte der indianischen Völker, wie beispielsweise kulturelle und politische Selbstbestimmung und Autonomie.
Dabei wird auch die Situation der Frauen in Mexiko und innerhalb der indianischen Gesellschaften - z.B. die politische Beteiligung der Frauen in den Dörfern - reflektiert und diskutiert.
Wie viele Beispiele in der Geschichte von OIDHO zeigen, müssen bei politischen Konflikten innerhalb der Dörfer (z.B. bei Streitigkeiten um Ländereien und Nutzungsrechte), bei Auseinandersetzungen zwischen Gemeinden und Regierung (z.B. um die Anerkennung von Dorfregierungen und Zuständigkeiten für medizinische Versorgung) oder bei willkürlichen Festnahmen und gewaltsamen Übergriffen durch Polizei und Militär Lösungen politisch erkämpft werden.
In solchen Fällen werden die gesamten Basisgruppen für öffentlichkeitswirksame Aktionen mobilisiert, um zu demonstrieren, Plätze zu besetzen und dadurch z.B. Verhandlungen mit der Regierung zu erzwingen. So mobilisierte OIDHO z.B. bei ihrem ersten Marsch nach Mexiko City über 500 Frauen und Männer aus 15 Gemeinden, die im Februar 1994 über 400 Kilometer in die Hauptstadt zurücklegten, um ihre Forderungen einzuklagen.
Grundlage der Arbeit bilden die Basisgruppen von OIDHO in den verschiedenen Dörfern. Diese wählen ihre lokalen Komitees und bestimmen ihre VertreterInnen, die zu den regelmäßigen Hauptversammlungen und Fortbildungen von OIDHO nach Oaxaca-Stadt entsendet werden. Diese "asambleas generales" sind das höchste Entscheidungsgremium. Hier bringen die Delegierten die Meinungen der Basisgruppen zum Ausdruck. Außerdem wird dort über die politische Entwicklung in Oaxaca, Mexiko und der Welt informiert und die VertreterInnen analysieren gemeinsam deren Folgen für die indianischen Dörfer.
In den letzten Jahren setzt sich die Organisation zunehmend mit den Folgen der neoliberalen Weltmarktpolitik und der Globalisierung auseinander, von denen viele Dörfer in Oaxaca direkt betroffen sind. So wird z.B. die heimische Produktion von Lebensmitteln durch industriell hergestellte Importe aus den USA verdrängt, was zu weiterer Landflucht führt. Besonders die indianischen Dörfer im Süden Mexikos, der reich an natürlichen Ressourcen ist, werden aktuell durch ein Großinvestitionsprogramm bedroht - den so genannten Plan-Puebla-Panama. Befürchtet wird z.B., dass durch die groß angelegte Ausbeutung von Bodenschätzen und durch den Aufbau von Billiglohn-Exportfabriken die sozialen Strukturen weiter zerrissen und kommunale Ländereien veräußert werden.
Alle zwei Jahre wählt die Hauptversammlung ihre ständigen RepräsentanInnen: Präsident, Sekretär, Schatzmeister sowie die Stellvertreter. Außerdem werden Mitglieder und VertreterInnen für verschiedene Arbeitsgruppen - so genannte "comisiones" - gewählt.
Diese "Kommissionen" kümmern sich um die Themenkomplexe Fortbildung, juristische Verteidigung, Frauen, Beratung der Dörfer, Öffentlichkeitsarbeit sowie ökologischer Landbau.
Die Organisation unterhält in Oaxaca-Stadt ein ständiges Büro. Die Arbeit von OIDHO wird durch ein Team von JuristInnen und PolitologInnen unterstützt. Sie können in Notfällen, wie z.B. Verhaftungen, in den Dörfern intervenieren. Außerdem führen sie gemeinsam mit den VertreterInnen von OIDHO in den Dörfern Fortbildungen zu Menschenrechtsfragen durch.